Kafka bevorzugte eine spontane Art des Schreibens, bei der sich das Erzählte häufig aus einem einzigen sprachlichen oder szenischen Einfall entwickelte, ohne einem zuvor festgelegten Plan zu folgen. Erwies sich der Einfall als literarisch nicht ergiebig, brach er ab und unternahm Anläufe in andere Richtungen. Daher die hohe Zahl von Fragmenten jeglicher Länge, die von Kafka überliefert sind.
Diese Schreibtechnik erwies sich als sehr geeignet für Kurzprosa und für kürzere Erzählungen, die ohne Unterbrechung der Konzentration ›durchgeschrieben‹ werden können, doch stieß Kafka damit an Grenzen, als er sich an Romanen versuchte. Romane verlangen nicht nur die langfristige Planung von Handlungsabläufen und Personenkonstellationen, sie fordern auch eine höhere erzählerische Disziplin, insbesondere das Verwerfen spontaner Einfälle zugunsten des ›Plans‹.
Welche Schwierigkeiten Kafka damit hatte, lässt sich am Manuskript des Schloss-Romans sehr deutlich erkennen. Gegen Ende häufen sich die Streichungen, und die Handlungsfäden verwirren sich. An diesem Werk ist Kafka erzähltechnisch gescheitert.
Beim Process-Roman waren diese Probleme nicht so gravierend, da hier die handelnden Personen weniger miteinander vernetzt sind. Kafka litt jedoch in den ersten Kriegsmonaten unter einen so massiven persönlichen und beruflichen Stress, dass er seine bis dahin fruchtbarste Schreibphase Anfang 1915 erschöpft abbrechen musste. Dieser Roman stand unter dem starken Eindruck von Schuld- und Strafphantasien, die von der gescheiterten Beziehung mit Felice Bauer herrührten, und Kafka fand nicht mehr in den Roman zurück, nachdem sich seine Lebenssituation geändert hatte.
Kafkas erster Roman Der Verschollene verlangte ihm am meisten Planung und Recherche ab, da er hier Milieus schilderte, die er aus eigener Anschauung gar nicht kannte. Er schuf zwei Fassungen, von denen lediglich die zweite erhalten blieb. Auch hier waren offensichtlich konzeptionelle Schwierigkeiten für den Abbruch verantwortlich, denn an Felice Bauer schrieb Kafka: »Mein Roman! …Er läuft mir auseinander, ich kann ihn nicht mehr umfassen…«