Das Börsenblatt des deutschen Buchhandels ist eine bedeutende Quelle für das publizistische Umfeld Kafkas und für dessen frühe Rezeption. Im April 2020 stellte die Sächsische Landesbibliothek die Jahrgänge 1834 bis 1945 als digitale Edition kostenlos zur Verfügung. Der Bestand umfasst etwa 1,1 Millionen Druckseiten. (Siehe den Blog der Bibliothek.)
Nach der Insolvenz des Stroemfeld Verlags wird die von Roland Reuß und Peter Staengle herausgegebene Faksimilie-Edition der Manuskripte Kafkas ab 2020 im Wallstein Verlag (Göttingen) fortgeführt. Auch der unregelmäßig erscheinende Kafka-Kurier wird künftig vom Wallstein Verlag betreut; im Mai 2020 erschien Heft 4.
Im Jahr 2020 veranstaltet die Universität Athen (Fachbereich für deutsche Sprache und Literatur) eine Internationale Tagung zum Thema ›Kafka und Griechenland‹, mit zahlreichen Vorträgen in deutscher und griechischer Sprache. Aufgrund der Corona-Krise musste die für Mai geplante Tagung verschoben werden.
Aus Anlass von Kafkas Kur-Aufenthalt in Meran vor nunmehr 100 Jahren sind vor Ort zahlreiche Veranstaltungen geplant, darunter Vorträge, Stadtführungen, Lesungen sowie eine Tagung. Die Eröffnung des Meraner Kafka-Gedenkjahrs musste jedoch aufgrund der Corona-Krise von März auf Oktober 2020 verschoben werden.
Der bedeutende tschechische Kafka-Experte und -übersetzer Josef Čermák ist am 14. Januar 2020 gestorben. Čermák wurde 1929 geboren, er studierte Slawistik, Romanistik und vergleichende Literaturgeschichte. Für mehrere Verlage war er als Cheflektor tätig. 1963 nahm Čermák an der legendären, politisch einflussreichen Kafka-Konferenz auf Schloss Liblice teil.
Am Theater Osnabrück wird in der Saison 2019/20 das Stück Kafka aufgeführt, in dem Motive aus dem Roman Der Process und aus Kafkas Leben collageartig miteinander verschränkt werden. Inszenierung: Dominique Schnizer.
Zahlreiche Notizbücher, Briefe und Manuskriptblätter Kafkas sind verschollen, seit sie 1933 bei Dora Diamant von der Gestapo beschlagnahmt wurden. In einem ausführlichen Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 6. Dezember 2019 nimmt Hans-Gerd Koch diese Spur auf und begründet, warum sich die Materialien heute möglicherweise im Bundesarchiv befinden.
In der Israelischen Nationalbibliothek wurden Anfang August 2019 bislang unbekannte Zeichnungen Kafkas präsentiert. Sie fanden sich in einem Safe in Zürich aus dem Besitz der Brod-Erben. Die Manuskripte und Briefe Kafkas, die ebenfalls in diesem Safe verwahrt waren, sind bereits sämtlich publiziert. (Erläuterungen zur rechtlichen Situation in der Zeitschrift tachles.)
Nach achtjährigem Rechtsstreit und nach dem Tod der juristisch unterlegenen Erbin Chawa Hoffe wurde der größte Teil des Nachlasses von Max Brod im September 2018 von der Israelischen Nationalbibliothek in Jerusalem übernommen. Umfangreiche Dokumente, die bei einem Einbruch in die Wohnung Hoffes entwendet worden waren, wurden im Juni 2019 vom Bundeskriminalamt der Nationalbibliothek übergeben.
Den langjährigen Streit um das Erbe Max Brods und damit zusammenhängend auch um einige Manuskripte Kafkas hat der in Jerusalem lebende Publizist Benjamin Balint zum Gegenstand eines Buchs gemacht: Kafkas letzter Prozess, deutsch im Berenberg Verlag, Berlin 2019. Balint stützt sich auf Gespräche mit Beteiligten, und er entfaltet auch die ein volles Jahrhundert zurückreichende Vorgeschichte des Konflikts.
Die Kammerspiele des Schauspiels Frankfurt am Main zeigen Kafkas Erzählung Der Bau als Soloauftritt des Schauspielers Max Simonischek, der auch für Text und Regie verantwortlich zeichnet.
Bei einer Auktion, die im Juni 2018 von der Fa. Hassfurther in Wien durchgeführt wurde, erbrachte eine einzelne Postkarte Kafkas an Max Brod 32.760 Euro. Die Karte stammt vom 22.8.1908 und befand sich ursprünglich wohl im Nachlass Brods.
Das Düsseldorfer Schauspielhaus zeigt eine von Jan Philipp Gloger erarbeitete Adaption von Kafkas Schloss-Roman. Die Premiere findet am 15. September 2018 statt. In Hauptrollen sind Moritz Führmann und Tabea Bettin zu sehen.
Eva (Chawa) Hoffe, die Tochter von Max Brods Freundin und Erbin Ilse Esther Hoffe, ist am 4. August 2018 im Alter von 84 Jahren in Tel Aviv verstorben. Nach einem acht Jahre währenden Prozess hatte das Oberste Gericht in Jerusalem 2016 entschieden, dass Eva Hoffe den gesamten noch vorhandenen Nachlass Brods, inklusive der darin enthaltenen Briefe und Manuskriptblätter Kafkas, der Israelischen Nationalbibliothek zu übergeben hat.
Bei einer Auktion im Mai 2018 konnte das Deutsche Literaturarchiv in Marbach ein weiteres Manuskript Kafkas ersteigern: die sechsseitige Skizze zu einer Einleitung, die Kafka zu dem gemeinsam mit Max Brod geplanten Roman Richard und Samuel verfasste. Der Kaufpreis betrug 140.000 Euro, die nur mit der spontanen Unterstützung zweier Mäzene aufgebracht werden konnten (Details in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung).
Der einflussreiche Literaturwissenschaftler und Kafka-Philologe Gerhard Neumann ist am 28. Dezember 2017 im Alter von 83 Jahren gestorben. Neumann publizierte mehrere Bücher über Kafka (zuletzt Franz Kafka – Experte der Macht, 2012) und war einer der Herausgeber der Kritischen Kafka-Edition, die im S.Fischer Verlag erschien.
Erstmals wurden Milena Jesenskás journalistische Arbeiten umfassend ediert. Im tschechischen Verlag Trost erschien 2016 eine Auswahl von 336 Artikeln, zusammengestellt von der Literaturhistorikerin Marie Jirásková, die in jahrzehntelanger Suche mehr als 1.100 Texte Jesenskás auffand.
Erneut hat das Deutsche Literaturarchiv in Marbach einen Brief Kafkas erworben. Der Inhalt des vierseitigen Briefs, den Kafka Anfang Oktober 1913 aus Riva an Felix Weltsch sandte, war seit der ersten Briefedition von 1958 bereits bekannt. Das Original fand sich im Januar 2017 zufällig bei einer privaten Besitzerin in Ludwigsburg.
Klaus Buhlert hat Kafkas Roman Das Schloss als aufwändiges Hörspiel mit zahlreichen prominenten Sprechern inszeniert. Das zwölfteilige Hörspiel wird ab 15. Januar 2017 sonntags um 15 Uhr auf Bayern 2 gesendet (Wiederholung montags um 20.03 Uhr) und sukzessive in der BR-Mediathek zum Download und zum Nachhören angeboten. Die Hörbuch-Edition mit zwölf CDs erscheint im März 2017 im Hörverlag.
Am 22. März 2016 starb der Prager Literaturwissenschaftler Kurt Krolop im Alter von 85 Jahren. Krolop machte sich vor allem um die Erforschung der Prager deutschen Literatur verdient. Daneben publizierte er zahlreiche Arbeiten zum Werk von Karl Kraus. In den sechziger Jahren nahm Krolop an den legendären Kafka-Konferenzen auf Schloss Liblice teil. Zuletzt war er Präsident der Prager Kafka-Gesellschaft sowie Mitbegründer des Prager Literaturhauses deutschsprachiger Autoren.
Bei einer vom Auktionshaus Bonham am 22. September 2015 in New York durchgeführten Versteigerung wurde ein tschechischer Pass Franz Kafkas angeboten. Er stammt aus dem Besitz Salman Schockens, der ihn von Robert Klopstock erhalten hatte. Der Pass wurde 1922 ausgestellt, umfasst 32 Seiten und trägt Kafkas eigenhändige Unterschrift (»Dr. F. Kafka František«). Der Auktionserlös betrug $ 37.500, der Käufer blieb anonym.
Am 3. August 2015 verstarb in Prag Věra Saudková, die letzte noch lebende Nichte Kafkas, die ältere Tochter von Ottla Kafka und deren Ehemann Josef David. Sie wurde 94 Jahre alt. (Video)
In der Staatssicherheitsakte von Jaromír Kreijcar, zweiter Ehemann von Milena Jesenská, wurden vierzehn Briefe entdeckt, die sie 1940 bis 1944 aus Gefängnissen in Prag und Dresden sowie aus dem Konzentrationslager Ravensbrück schrieb. Die Briefe erschienen in deutscher Übersetzung und mit Kommentaren von Alena Wagnerová in der Neuen Rundschau, 2015, Heft 2. (Auszüge in Die Welt)
Im Jahr 2014 wurden die beiden Kafka-Gedenkräume im ehemaligen ›Sanatorium Dr. Hoffmann‹, Kafkas Sterbehaus in Kierling bei Wien, grundlegend neu gestaltet. Das Ensemble umfasst jetzt eine kleine Ausstellung sowie die wichtigste Sekundärliteratur zur freien Nutzung. Die Räume sind an drei Samstagen im Monat geöffnet, sonst nach Vereinbarung. Auskunft bei der Österreichischen Franz Kafka-Gesellschaft.
Im Rahmen seines Projekts ›Der Kafka-Atlas‹ führt der Wiener Literaturwissenschaftler Ekkehard W. Haring eine weltweite Umfrage durch, welche die Rezeption, aber auch das Image Kafkas in zahlreichen Ländern ermittelt. Nach der Auswertung von mehr als 1.300 Fragebögen wurden im März 2015 die ersten Ergebnisse sowie eine Reihe von Länder-Artikeln online verfügbar gemacht.
Am 23. Februar 2014 starb in London die Pianistin, Musikpädagogin und Holocaust-Überlebende Alice Herz-Sommer. Sie wurde 110 Jahre alt. Die in Prag geborene Alice Herz hatte eine um elf Jahre ältere Schwester Irma, die Kafkas engen Freund Felix Weltsch heiratete. Dadurch kam Alice auch in Kontakt zu Kafka; noch im hohen Alter konnte sie sich an gemeinsame Spaziergänge mit ihm erinnern. (Kurzbiografie und Links)
Der in New York lebende Psychoanalytiker und Sachbuchautor Martin S. Bergmann ist am 22. Januar 2014 im Alter von 100 Jahren gestorben. Er war der Sohn von Kafkas Klassenkamerad Hugo Bergmann, eines publizistisch aktiven Zionisten, der mit seiner Familie bereits 1919 von Prag nach Palästina auswanderte. Martins Mutter Else Bergmann (geb. Fanta) lud den tuberkulosekranken Kafka ein, ebenfalls nach Jerusalem zu kommen und dort zunächst bei ihrer Familie unterzukommen. Überliefert ist, dass Hugo Bergmann diesem Plan skeptisch gegenüber stand, da er um die Gesundheit seines Sohnes Martin besorgt war. (Bericht in der New York Times)
Das Auktionshaus Kaupp in Sulzburg bot bei einer Versteigerung am 4./5. Oktober 2013 einen achtseitigen Brief Kafkas an. Der Brief an Max Brod wurde im südböhmischen Planá nad Lužnicí verfasst und traf am 11. September 1922 in Prag ein. Der erzielte Verkaufspreis betrug 154.000 Euro. (Artikel von Andreas Kilcher)
Nachdem die Werke Max Brods jahrzehntelang fast völlig aus dem Buchhandel verschwunden waren, beginnt nun der Wallstein Verlag (Göttingen) mit der Publikation einer zehnbändigen Auswahl, herausgegeben von Hans-Gerd Koch und Hans Dieter Zimmermann. Die ersten beiden Bände erschienen im März 2013: Jüdinnen und andere Prosa aus den Jahren 1906-1916 sowie Arnold Beer. Das Schicksal eines Juden. (Rezension in der Neuen Zürcher Zeitung)
Nachdem die Österreichische Nationalbibliothek im Rahmen ihres Projekts ANNO sämtliche Jahrgänge des Prager Tagblatt (1876–1938) digitalisierte und online verfügbar machte, wurde nun von der Tschechischen Nationalbibliothek in Prag auch die zweite deutschprager Tageszeitung Bohemia digitalisiert. Kostenlos verfügbar sind alle Jahrgänge bis einschließlich 1914, die weiteren Jahrgänge bis 1938 unter dem Titel Deutsche Zeitung Bohemia. – Der größte Teil der deutsch-jüdischen Publizistik aus Kafkas Lebenszeit ist beim Wissenschaftsportal Compact Memory online abrufbar.
Henry (Heinz) Marasse, der einzige Sohn Felice Bauers, starb am 3. Mai 2012 im Alter von 92 Jahren in Kendal on Hudson nördlich von New York. Im Jahr 1936 war das Ehepaar Marasse mit zwei Kindern in die USA emigriert. Heinz studierte dort Medizin und wurde später Psychoanalytiker.
Nach der Typografin Julia Sysmäläinen hat nun auch die Designerin Julia Bausenhardt eine digitale Schrifttype nach dem Muster von Kafkas Handschrift entworfen. Der Font mit fast 600 Zeichen enthält auch zahlreiche Ligaturen, die das Schriftbild sehr authentisch aussehen lassen. Erhältlich ist die Schrift über die Plattform MyFonts.
Erneut ist die Erforschung des biografischen Umfelds von Kafka etwas einfacher geworden. Das Prager Staatsarchiv hat sämtliche Meldebögen der Prager Polizei aus den Jahren 1850-1914 digitalisiert und online verfügbar gemacht. Verzeichnet sind Name, Geburtsjahr, Geburtsort, die Namen und Geburtsjahre der Kinder, Beruf des Familienvorstands, die Konskriptionsnummern aller Wohnungen (aus denen sich die Adressen erschließen lassen) sowie die Daten der Umzüge.