Ich verstehe nicht alle Deine Sorgen wegen der Widerstände Deiner Eltern gegen Dein Studium. Ich hielt es schon für sicher, dass Du noch anderthalb Jahre in Europa (lache nicht) bleibst, ist das noch nicht sicher? Und gerade jetzt haben sie diese Frage entschieden? Nebenbei: Es ist doch unmöglich, dass Du jetzt schon einen Brief Deiner Eltern bekommen hast, in dem Du das Ergebnis der Unterredung Hugos mit Deinen Eltern findest, auch Hugos Frau, mit der ich heute sprach, hat bis jetzt keinen Brief von ihrem Mann in Jerusalem bekommen. Aber ich verstehe gut die Verwirrung, in der man auf einen entscheidenden Brief wartet, der die ganze Zeit herumirrt. Wie viele Male in meinem Leben habe ich in einer solchen Angst geglüht. Ein Wunder, dass niemand früher zu Asche wird als es in Wirklichkeit geschieht. Es tut mir sehr leid, dass auch Du so leiden musst, arme liebe Puah, aber inzwischen kommt schon der Brief, und alles ist gut.
Diesen Briefentwurf, adressiert an die 19jährige Puah Ben-
Puah Ben-
Im Winter 1922/23 nahm Kafka privaten Hebräischunterricht bei Ben-
Mitte 1923 ging Puah Ben-
Kafkas Notizhefte belegen, dass er ein ehrgeiziger und motivierter Schüler war, der jede Unterrichtsstunde sorgfältig vorbereitete. Auch die beiden erhaltenen hebräischen Briefentwürfe lassen erkennen, dass er seiner Lehrerin einen möglichst fehlerfreien Sprachgebrauch demonstrieren wollte. Allein die korrekte Schreibweise der hebräischen Vokabel für »Europa« kannte er nicht, er schrieb das Wort nach Gehör; daher seine Aufforderung »lache nicht«.
Quellen: Puah Menczel-